Opferitis Humana - nörgelst du noch oder lebst du schon?

So oder so: Du bist der oder die Meister/in deines Lebens. Doch hast du dich schon mal gefragt, ob du dein Leben aktiv oder doch eher passiv gestaltest?

 

Interessanterweise sind wir immer und ständig in einem Schöpfungsprozess, auch dann wenn wir glauben, nicht zu handeln bzw. inaktiv zu sein.

 

Bei dem Begriff „Opferitis Humana“ handelt es sich um einen offiziellen Diagnosebefund, den ich zum ersten Mal in einem Buch von Veit Lindau entdeckt habe. Ich hatte mich geradezu gefreut, endlich eine adäquate Bezeichnung für opferbewusstes Denken zu haben - ein Syndrom, gegen das wohl kaum ein Mensch immun zu sein scheint.

Ich persönlich verfalle mittlerweile immer seltener und weniger intensiv in diese Haltung, jedoch kann ich keineswegs behaupten, dass ich dafür nicht mehr anfällig wäre.

 

Doch was genau macht diese Erscheinung eigentlich aus? Wann sind wir in der Opferrolle und was soll daran eigentlich so „schlecht“ sein?

 

Nun, zunächst einmal ist nichts „schlecht“ daran, solange wir nicht im gleichen Zug darauf warten, dass eine gute Fee erscheint, die ihren Zauberstab schwingt und uns dann endlich all das haben lässt, wonach wir uns verzehren.

Und mal ganz ehrlich, wer von uns wünscht sich das nicht hin und wieder? An sich ist das ja auch nicht verwerflich, denn nicht immer haben wir die Kraft, die wir bräuchten, um unser Leben aktiv (um-)zu gestalten. Das Paradoxe an dieser Sache ist allerdings, dass ebendieses Warten auf die gute Fee uns umso mehr ebenjener Kraft beraubt, die wir eigentlich bräuchten, um tatsächlich alles zu erreichen, wonach unser Herz sich sehnt.

 

Wenn unser Leben nicht so verläuft, wie wir uns das EIGENTLICH vorstellen und wir nicht das bekommen, was uns doch EIGENTLICH zusteht, dann neigen wir nicht selten dazu, einen Schuldigen für unsere Umstände zu suchen.

 

Erstaunlicherweise findet sich immer wieder irgendjemand oder irgendetwas, was für unsere Unzufriedenheit verantwortlich zu sein scheint. Unser Partner, unsere Eltern, unsere Freunde, unsere Kollegen, unser Chef, unsere Nachbarn, das Wetter – oh ja, das arme Wetter muss für so ziemlich vieles herhalten.

 

Sich als Opfer der äußeren Umstände zu betrachten, raubt unserem System nicht nur Energie, sondern impliziert immer auch einen Mangel. Wir scheinen etwas nicht zu haben, was wir EIGENTLICH bräuchten.

 

Das ist wohl die verheerendste Voraussetzung dafür, dass wir tatsächlich nicht das bekommen, was wir uns EIGENTLICH wünschen, denn das Universum wird uns immer genau das liefern, wovon wir überzeugt sind. Wenn wir also glauben, dass wir etwas brauchen, weil wir es selbst nicht haben, dann werden wir es auch nicht erhalten.

 

Die Antwort auf „brauchen“ ist nicht „haben“, sondern „nicht haben“.

 

Das Gesetz der Resonanz (Anziehung) ist mächtiger und weitgreifender als sich die meisten unter uns bislang vorstellen können. Gerade bei der „Opferitis Humana“ ist diese Tatsache umso nennenswerter, denn dieses Gesetz vermag es, dir nahezu dein ganzes bisheriges Leben mit all seinen Erfahrungen erklären zu können.

 

Dieser kleine Exkurs zu den universellen Gesetzen soll an dieser Stelle genügen, um sich bewusst zu machen, dass es in den allermeisten Fällen nicht das böse Leben mit all seinen Mitspielern, sondern wir selbst es sind, die dafür Sorge tragen, dass wir entweder glücklich oder unglücklich sind.

 

Es kommt in aller Regel der Zeitpunkt, an dem sich im Außen letztlich nichts mehr finden lässt, was unseren unzufriedenen Zustand erklären könnte und so stellen wir uns manchmal selbst in den Fokus der Problemlage. Spätestens an dieser Stelle entscheidet sich, ob wir weiter in unserer Passivität verharren oder endlich zur Aktivität übergehen.

 

Es ist unheimlich verlockend, sich in seinem Selbstmitleid zu suhlen, mit dem Leben und seinem Schicksal zu hadern. Ich habe schon ganze Tage und Nächte mit herzzerreißender Musik und einem riesigen Berg verbrauchter Taschentücher verbracht. Das war fast wie im Kino, nur dass der Film nicht auf einer äußeren, sondern vor meiner inneren Leinwand ablief – in einer schier unerträglichen und geradezu selbstzerstörerischen Endlosschleife.

 

Ich kann nicht behaupten, dass mich das ausschließlich geschwächt hat. Ganz im Gegenteil:

 

Tränen, Angst, Wut und Trauer sind Teil unseres menschlichen Daseins. Sie sind so notwendig wie die Luft zum Atmen. Ob es uns letztlich Energie kostet, hängt immer auch davon ab, ob und wie wir aus dieser düsteren Phase hervorgehen bzw. welche Schlüsse wir daraus ziehen.

 

Wollen wir auch zukünftig in einer kräftezehrenden Dauerschleife der Passivität verharren oder entschließen wir uns dazu, endlich zu leben? Und die wohl bedeutendste Frage: Wie können wir es schaffen, uns vom Opferbewusstsein zu lösen?

 

Der erste und mitunter wichtigste Schritt besteht darin, sich bewusst zu machen, dass wir IMMER eine Wahl haben! Wir alleine wählen entweder die Passivität oder die Aktivität, die Fremdbestimmung oder die Selbstbestimmung.

 

Passivität bzw. Fremdbestimmung meint, dass wir uns von unserem beschränkten Verstand leiten lassen und dementsprechend unser Handeln ausrichten. Das Attribut „beschränkt“ enthält hier keineswegs eine negative Markierung, viel eher beinhaltet dieses Wort ein Faktum, das sich nicht abstreiten lässt: Wir glauben das zu sein, was wir denken und wir denken das, was wir im Laufe unseres Lebens kennen gelernt und erfahren haben. Je früher wir in unserem Leben eine bestimmte Erfahrung gemacht haben, desto wahrscheinlicher ist es, dass ebenjene Erfahrung zu unserer Wahrheit wurde, nach der wir anschließend und fortwährend unsere Wahrnehmung und somit unser Handeln ausrichten. In diesem Fall sind es nicht wir selbst, sondern immer nur die anderen, die dafür sorgen, dass es uns gut oder schlecht geht. Oder anders formuliert:

 

Erwartungen an unsere Mitmenschen bzw. an die Umwelt enthalten immer und ausnahmslos eine potentielle Enttäuschung.

 

Wählen wir hingegen die aktive selbstbestimmte Rolle, so geht damit auch die Erkenntnis einher, dass wir immer und ausschließlich selbst die Schöpfer unseres Lebens sind. Wir alleine entscheiden, ob uns etwas zusteht oder nicht; wir alleine treffen die Wahl, ob wir etwas erreichen können oder nicht. Eine äußerst provokante Aussauge, ich weiß. Man mag kaum glauben, dass das größte Hindernis nicht im Außen auf einen lauert, sondern so tief in einem selbst begründet liegt, dass man sich dessen im seltensten Fall bewusst ist.

 

Wenn wir herausfinden, wer wir sind und weiter, was wir uns WIRKLICH WIRKLICH wünschen, dann wird jedes „eigentlich“ überflüssig, denn dieses „eigentlich“ ist nichts weiter als eine Relativierung, die uns schließlich nicht das bekommen lässt, wonach wir uns WIRKLICH sehnen.

 

Klingt einfach - in der Theorie. Die praktische Umsetzung scheint da schon etwas anstrengender zu sein. Es kann uns ganz schön verunsichern und in Stress versetzen, wenn wir beginnen, selbst die volle Verantwortung für unser Leben zu übernehmen.

 

Interessanterweise ist aktives bzw. selbstbestimmtes Leben an sich nicht anstrengend, sondern viel eher die Tatsache, dass es sich dabei um etwas handelt, was wir bisher nicht kannten. Alles was neu ist, will erst gelernt werden. Und machen wir uns nichts vor: Ohne einen ausgeprägten Willen sowie eine gesunde Portion Disziplin ist noch niemand allzu weit gekommen.

 

Mentales Training ist wie tägliches Zähneputzen - Regelmäßigkeit und Häufigkeit lassen dein Lächeln strahlen.

 

Bereits das alleinige Infragestellen unserer bisherigen Wahrheiten wird dazu führen, dass sich unser Wahrnehmungsfilter öffnet und unser Geist somit weiter wird. Wir werden dann schon sehr bald merken, dass Passivität unterm Strich viel mehr Energie kostet, als wir bisher annahmen.

 

Ist es nicht eine unheimliche Erleichterung, dass sich für ein zufriedenes Leben nicht die gesamte Umwelt ändern muss, sondern dass der Schlüssel zu allen Türen alleinig in uns selbst verborgen liegt?

 

 

Alltagstipp für Einsteiger in das aktive Leben:

 

Achte doch mal darauf, wie oft du im Außen nach etwas oder jemandem suchst, das/der für deinen Gemütszustand verantwortlich zu sein scheint. Wie oft beschwerst du dich über das Verhalten der anderen? Welchen Zusammenhang zwischen deinen Gefühlen und dem Handeln deiner Mitmenschen kannst du erkennen? Sind dir diese Gefühle vertraut bzw. kennst du die ein oder andere deiner Reaktionen schon aus deinem bisherigem Leben? Vielleicht wirst du auch Parallelen zwischen verschiedenen Situationen erkennen.

Wenn du ganz mutig bist, dann bitte eine/n gute/n Freund/in um seine/ihre ehrliche Meinung zu deinen Reaktionen auf bestimmte Ereignisse. Hierzu braucht es tatsächlich eine große Portion Mut, denn nicht immer können wir konstruktiv mit Kritik umgehen.

 

Es macht Sinn, sich Notizen zu seinen Beobachtungen zu machen, denn alles, was wir aufschreiben, erhält energetisch und mental eine andere Qualität.

 

Ich gratuliere dir aufrichtig, dass du den Mut und den Willen zu haben scheinst, dich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und ich freue mich wie immer, wenn du mich an deinen Erfahrungen teilhaben lässt - entweder per Email an hallo@sofia-christodoulou.de oder öffentlich in einem Kommentar.

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Kommentare: 1
  • #1

    Breitkreuz (Mittwoch, 09 September 2020 10:28)

    Eine gute Story mit Tiefgang, die ich ergänzen möchte mit einer alten Indischen Weisheit:
    Zitat:
    " Hat jemand alles Wollen oder Begehren überwunden, ruht in sich selbst und ist durch sich selbst zufrieden, dann hat er wahre Weisheit gefunden. " FIN
    So habe ich selbst meinen inneren Frieden, lebe überglücklich und bin erhaben über alles Materielle. Ob ich deshalb Weise bin, sei dahingestellt.....